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15.05.2006 |
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Ein
Epochengemälde der New Econoom
Eric Smit: "Der Supercode"
Rezensiert von Tobias Rapp
Der holländische Journalist Eric Smit erzählt in "Der
Supercode" die Geschichte eines Fernsehmechanikers, der
eine revolutionäre Methode zur Datenkomprimierung
entwickelt hat. Doch bevor das zu erwartende
Milliarden-Geschäft in Gang kommt, fällt er tot um. Smit
bezieht sich in seinem Roman auf eine wahre Geschichte
und zeichnet zugleich ein Epochengemälde der New Economy
aus der Zeit des großen Booms. |
So stellt
man sich die Räuberpistolen des Informationszeitalters
vor. Ein holländischer Fernsehmechaniker entwickelt eine
revolutionäre Methode Daten
zu komprimieren. Er gewinnt verschiedenen Investoren,
wird gleichzeitig aber immer paranoider. Und zwei Tage
bevor er seine Unterschrift unter den Vertrag setzen
soll, der ihn zu einem der reichsten Männer der Welt
gemacht hätte, fällt er tot um. In seinem Garten. Seine
Geschäftspartner öffnen den Safe, in dem der Code liegen
soll. Er ist leer. Und der Prototyp ist verschwunden.
"Der Supercode" von dem holländischen Journalisten Eric
Smit erzählt die warhe Geschichte von Jan Sloot, der mit
seiner Erfindung wohl tatsächlich die Welt
revolutioniert hätte, wenn - nun ja, wenn es sie denn
wirklich gegeben hat. Eine halbe Million Filme hätten
nach seiner Methode ohne größeren
Qualitätsverlust auf eine einzige CD gepasst.
Grund genug für fast jede Firma, die mit Informationen
handelt (und das sind heutzutage ja wirklich fast alle),
Sloot zu fürchten. Grund genug aber auch für eine ganze
Reihe von Businessleuten, das Geschäft ihres Lebens zu
wittern. Sloots Technologie riecht nach einem
Milliardengeschäft. Sogar Roel Pieper, Top-Manager bei
Philips, kündigt seinen Job, um mit Sloot eine eigene
Firma zu gründen. Eine niederländische Großbank war
bereit, 30 Millionen Dollar in das Projekt zu
investieren.
Tatsächlich ist "Der Supercode" aber weit mehr als eine
gut recherchierter Real-Life Thriller. Es ist ein
Epochengemälde der New Economy, jener Zeit, die vor
gerade einmal fünf Jahren zu Ende ging, und die einem
heute so gründlich begraben vorkommt, dass man fast
übersieht, wie hoch die Aktienkurse schon wieder stehen.
"Der Supercode" handelt genauso von der Gier, die jene
Zeit antrieb, von der Selbstbedienungsmentalität der
Manager, wie von den Hoffnungen, die mit dem Glauben
einhergingen, neue Technologien würden die Welt
verändern und alle reich machen.
Es ist faszinierendes Personal, das Smit aufmarschieren
lässt. Nicht nur der ehemalige Phillips-Manager möchte
Milliardär werden. Da gibt es den Küchenstudiobesitzer,
der glaubt, schon in wenigen Wochen werde er einer der
reichsten Männer Europas sein. Es gibt den ehemaligen
Söldner, der Champagner-Lifestyle und
Dritte-Welt-Solidarität zu verbinden versucht.
Alle wähnen sich für einen Moment auf dem Weg zu ewigem
Reichtum, alle stürzen ziemlich prompt ab, als sich
herausstellt, dass der Safe leer ist.
Smit erzählt die Geschichte wie einen Roman, inklusive
kleiner Details wie dem Umstand, dass der
Phillips-Manager Pieper sich auf dem Höhepunkt seiner
Macht weigert, seine todkranken Söhne zu sehen, weil das
zu viel negative Energie bedeuten würde. Stattdessen
sitzt er lieber auf seiner Yacht herum und redet über
die Zukunft der Kommunikationstechnologien.
Nur stimmt alles.
Man merkt dem Buch die Faszination an, die von Sloot
ausgeht, man merkt, dass Smit selbst spürt, was für eine
Anziehungskraft von dem kleinen Wunderkasten ausgeht,
den Sloot für seine Demonstrationsvorführungen benutzt
und mit dem er jeden Experten trotz aller Zweifel immer
zu überzeugen kann. Er geht dieser Faszination
allerdings nie auf den Leim.
Eric Smit: Der Supercode. Eine Erfindung, die den Tod
brachte
Aus dem Niederländischen von Jan F. Wielpütz und Andrea
Kalbe
Ehrenwirth Verlag 2006
200 Seiten |
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