Obskuristan
Expeditionen ins Ungewisse.

  Tödliche Erfindungen
November 9, 2008 von nachtstrom
 
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Einen genialen Erfinder, der seine Erfindung nicht überlebt hat: Jan Sloot.

Sloot war ein Fernsehmechaniker mit schlechtem Geschäftssinn: Seine in den
1970er-Jahren gegründete Firma „Sloot Services“ ging in in Konkurs,
weshalb der Niederländer ab 1984 ein kleines Geschäft für Fernseh- und
Radioreparaturen gründete. Neben seiner Arbeit dort begann er sich auf
Computern wie dem Commodore 64 und einem frühen IBM- Heimrechner das
Programmieren beizubringen. Sloot hatte eine Vision: er wollte ein
landesweites Netzwerk namens „RepaBase“ etablieren, in welchem sich
Informationen zu jeder jemals im Land durchgeführten Reparatur befinden
sollten; dieses Netzwerk sollte auf einer von ihm entwickelten Datenbank
basieren. Während der vielen Jahre, an denen er an dem Konzept dafür tüftelte
(RepaBase wurde nie realisiert) scheint er irgendwann eine unfassbare
Erfindung gemacht zu haben: ein Codierungssystem, welches herkömmliche
Datenträger und Komprimierungstechniken überflüssig machte.

Um die Tragweite dieser Erfindung mal zu verdeutlichen: Mittels eines „Super-
Codes“ sollte es möglich sein, riesige Datenmengen auf allerkleinstem Platz
zu speichern- ein kompletter Film (der ja bis heute fast den Platz eines ganzen
DVD-Rohlings verbraucht) sollte auf die Größe von 1 Kilobyte(!) reduziert
werden können; als Speicher sollte eine spezielle Chipkarte mit einer Kapazität
von 64 Kilobyte dienen. Wie das „Sloot Digital Coding System“ funktionierte,
verriet Sloot allerdings nur vage- es basierte darauf, daß alle Informationen
(Daten, Bilder, Audioformate) in einen speziellen Zahlencode umgewandelt
wurden. Das System sollte angeblich so einfach sein, daß schon „wenige
Hinweise genügen würden, um es kopieren zu können“. Für Sloot bedeutete
die Erfindung deswegen hauptsächlich eines: Paranoia. Er hatte panische
Angst, daß jemand seine Entdeckung stehlen könnte, weswegen er nicht
einmal engsten Familienangehörigen verriet, wie der „Super-Code“ beschaffen
war.

Natürlich wollte Sloot Geld mit seiner Erfindung machen: Er präsentierte sie dem
Phillips-CTO Roel Pieper, der daraufhin bei seiner Firma kündigte, für Sloot
Investoren auftrieb und Gelder bereitstellte. Leider kam dann wieder der
schlechte Geschäftssinn Sloots zum Tragen: aus der ursprünglich gemeinsam
gegründeten Firma „Davoc“ wurde „Dipro“ und dann „Fifth Force„- letztendlich
wurde ein Unternehmen, in welches von einer Bank und zahlreichen
Privatinvestoren bereits Millionen investiert worden waren, in den Sand
gesetzt. Ein gigantischer Flop.

Das lag vor allem an der Unfähigkeit des linkischen Erfinders: Er hatte
Schwierigkeiten, Patente zu bekommen, Vorführungen der „Wunderkiste“ (so
groß wie eine Zigarettenschachtel) scheiterten aus diversen Gründen immer
wieder (einmal stolperte er während einer Präsentation und machte den
Prototyp kaputt). Auch vertraute Sloot weiterhin absolut niemandem – zu
Recht: als er einmal einen mit Lack versiegelten Prototypen zur Vorführung
verlieh, waren nach der Rückgabe Werkzeug-Spuren an dem Gerät zu sehen.
Zwei Tage, bevor trotz aller Widrigkeiten der Vertrag unterzeichnet werden
sollte, der das „Sloot Digital Coding System“ auf dem Markt etabliert hätte,
verstarb dessen 54-jähriger Erfinder am 11. Juli 1999 während der Arbeit in
seinem Garten plötzlich an Herzversagen.

Am eigentlichen Tod Sloots (der schon länger vor seinem Ableben mit
Herzproblemen zu kämpfen hatte) ist nichts mysteriöses- an den Umständen
rund um seinen Tod allerdings schon. Wenige Tage vor seinem unerwarteten
Ableben hatte den Erfinder laut späteren Angaben seiner Frau das
Ordnungsfieber“ gepackt: sein Büro war danach nahezu leergeräumt. Als die
alarmierten Geschäftspartner nach seinem Tod das Schließfach öffneten, in
dem Sloot laut eigenen Aussagen den Quellcode zu seiner Erfindung deponiert
hatte, mussten sie feststellen, daß die entsprechenden Unterlagen fehlten.
Immerhin es gab ja noch den Prototyp- allerdings war auch der, trotz
zahlreicher verzweifelter Versuche, nicht mehr zu gebrauchen.

Die Erfindung, die Jan Sloot gemacht hatte, war natürlich äußerst brisant:
wenn das Speicherverfahren mittels des „Super-Codes“ marktfähig geworden
wäre, hätte es das Aus für sämtliche bis dato (und noch heute) erhältlichen
digitalen Datenträger bedeutet; da liegt es nahe, daß man an einen raffiniert
herbeigeführten Mordplan denkt (wie das einige der damaligen Investoren
noch heute tun).

Andererseits ist es auch höchst wahrscheinlich, daß Sloot einfach ein
Schwindler war, der unter Vorspiegelung falscher Tatsachen versuchte, zu
sehr viel Geld zu kommen- bei den wenigen stattgefundenen Vorführungen
des Prototyps hätte zum Beispiel der gezeigte Film auch von ausserhalb
übertragen werden können. Wir werden es nie erfahren, denn Jan Sloot hat
alle seine ängstlich gehüteten Geheimnisse mit in sein Grab genommen.

Weiterführende Materialien zu Sloots angeblicher Erfindung gibt es kaum-
ausser einem dürren Wikipedia-Eintrag, einer holländischen Homepage und
kurze Nennungen auf einschlägigen Internetseiten.

Hier allerdings gibt es einen sehr interessanten (englischsprachigen) Artikel,
der ausführlich erklärt, warum SlootsSuper-Code“ niemals funktionieren
konnte.

Print:

Einen ausführlichen Artikel zum Thema gibt es in der September/Oktober –
Ausgabe
der Zeitschrift mysteries; weiters ein Buch namens „Der Super-Code
von Journalist Eric Smit.